Entstehung der NZ Burgrieden

Aschermittwoch 24. Februar 1993.

Die tollen Tage der Fasnet waren gerade vorbei und ich saß in meinem schon etwas zerknirschten Sessel und fand es eigentlich schade, dass wieder einmal alles vorbei war. Es war zwar etwas ruhig in Burgrieden, denn es gab nur den Musikerball, aber wenn man Spaß, Freude und Geselligkeit liebt, findet sich immer eine Gelegenheit, während der Fasnet zu feiern.

Es wäre halt schön", sagte ich zu meiner Frau, "wenn es in Burgrieden eine Narrenzunft geben würde, die sich mit dem alemannischen Fasnachtsbrauch beschäftigt".

Ich erinnerte mich zurück an meine ersten Schritte als Narr bei den "Gebrazhofer Dickköpf". Ich war damals gerade 10 Jahre alt und bekam vom damaligen Zunftmeister Friedrich Geigle einen Hexenkopf in die Hand gedrückt. Meine Mutter nähte mir den passenden Rock dazu und so trug ich mit Stolz meine Hexe bei den ersten Umzügen durch die Straßen.

Und in Burgrieden war es doch so still um die Narren.

"Gründen wir eine Narrenzunft", der Gedanke war da, aber ohne Fundament, auf dem sich etwas aufbauen lässt, geht das wohl nicht und nur etwas aus der Luft greifen wollten wir nicht.

Wir hatten schon mal von den Geschichten um das Burgrieder Riffelweible und das Sallamale gehört, und so führte uns der erste Weg in die Stadtbücherei nach Laupheim. Wir wurden auch bald fündig. In dem Buch "Sagen und Schwänke aus Oberschwaben" von Dr. Karlheiz Schaaf fanden wir die Geschichten der beiden sagenumwobenen Gestalten.

Wir fanden auch bald heraus, dass die Sagen vom Riffelweible und vom Sallamale von Maria Dietrich aus Burgrieden niedergeschrieben wurden. Durch Ihre Arbeit, lieferte Sie uns den Grundstock für unsere Narrenzunft und ist sozusagen die "Mutter" unserer beiden Figuren. Sie verfasste auch noch eine schöne Sage vom "Haldegoischt", der sich schon bald zum Riffelweible und zum Sallamale dazu gesellen wird.

Jetzt galt es Gleichgesinnte zu finden, die wir auch alsbald im Hause Münst und Häfele in Burgrieden fanden. Spontan wurden Pläne geschmiedet, Ideen ausgetauscht und darüber beraten wer wohl noch in Frage käme, sich an einem Zunftaufbau zu beteiligen und schon bald war die erste Gruppe beisammen.

Diese bestand aus:

Regina und Stefan Häfele, Marlies Grötzinger, Karin Münst, Maria Dietrich, der Urheberin der beiden Sagen um das Riffelweible und das Sallamale, sowie Gerhard und Angela Kopp.

Kurze Zeit später gesellten sich noch Gerd Siebert, Ilse Pfaller und Ruth Berger dazu.

Es galt nun die beiden Figuren ins Leben zu rufen und so wurden die ersten Zeichnungen angefertigt, wie das Sallamale und das Riffelweible einmal auszusehen hat.

Marlies Grötzinger machte uns auf den Brauchtumer Jürgen Hohl in Eggmannsried aufmerksam, mit dem wir einen Termin vereinbarten und voll freudiger Erwartung und Zuversicht mit unseren Zeichnungen vorsprachen. Nachdem sich Jürgen Hohl die Sagen durchgelesen und unsere Zeichnungen studiert hatte, vielen wir erst mal alle aus dem siebten Narrenhimmel. Er bezeichnete unseren Entwurf vom Riffelweible als "Wanda Knöllchen" und sagte so gehe das wohl nicht. Er erklärte sich bereit für uns einen neuen Entwurf vom Riffelweible zu zeichnen und zum Sallamale sollten wir uns auch noch etwas Besseres einfallen lassen.

Ich hatte jedoch so meine eigenen Vorstellungen vom Sallamale und dachte mir, Fell muß er haben, wie ein Hund sollte er aussehen und etwas von einem Wildschwein sollte er auch noch haben.

Mir viel ein, dass ich mich in Ochsenhausen einmal mit einem erfahrenen Fasnachter unterhalten hatte. Reinhold Stritzelberger aus Uttenweiler erzählte mir damals viele Geschichten von der alemannischen Fasnet und von seiner Narrenzunft "Pflugraicher" Uttenweiler.

Ruf ich doch einfach mal an, dachte ich mir. Er lud mich auch gleich zu einem Gespräch ein und wir trafen uns beim Vorstand der "Pflug Raicher", Rolf Peter. Dieser erklärte sich spontan bereit die Patenschaft für unsere Narrenzunft zu übernehmen. Rolf und Reinhold halfen mir sehr beim Aufbau der Zunft und gaben mir auch die Adresse von Richard Roth, einem Holzschnitzer aus Vilsingen.

So machte ich mich auf den Weg dort hin und erzählte Richard Roth von meinen Vorstellungen wie die Maske des Sallamale aussehen sollte. Er versprach mir einen ersten Entwurf zu schnitzen, den ich dann begutachten sollte.

Parallel dazu machte ich mich daran, für unseren zukünftigen Verein eine Satzung zu schreiben, die dann nach mehrmaligem abändern, von allen Mitgliedern der Gruppe und vom Amtsgericht Laupheim, für Gut befunden wurde.

Die erste Maske des Sallamale glich eher einer Mischung aus Königspudel und Fledermaus, als die eines dämonischen Hundes und so fertigte Roth einen zweiten Entwurf, der dann auch nach Rücksprache in der Gemeinschaft die Zustimmung aller erhielt.

Nun ging es daran das Häs zu schneidern.

Nach mehreren Überlegungen, und mit Hilfe des Brauchtumers Herbert Maier aus Gebrazhofen, ob es nun echtes oder künstlich hergestelltes Fell sein sollte, entschied man sich dann für echtes Fell. Das Problem lag aber darin tiefschwarze Felle zu bekommen. Nach vielen Anfragen an verschiedene Gerbereien, fanden wir dann einen Lieferanten, der uns die Felle in gewünschter Farbe und Form liefern konnte.

Nach einigen Sitzungen beim Schneider Karl Frankenhauser, der uns die ersten Schnittmuster lieferte, machten wir uns daran, die ersten Felle zuzuschneiden und zusammenzunähen.

Jedoch etwas fehlte dem Sallamale noch.

Ein Geschell, mit dem richtig laut der Winter vertrieben werden konnte.

Wieder stand uns ein hilfreicher Narr zur Seite. Ulli Bergmann, Brauchtumswart der Narrenzunft Ochsenhausen gab uns die Adresse bei der wir Rollenschellen beziehen konnten, und so setzten wir uns wieder einmal ins Auto und fuhren nach Deilingen bei Rottweil. Dort fanden wir auch genau das Richtige und die ersten Exemplare wurden in Auftrag gegeben.

Den passenden Ledergurt fertigte uns Max Vogel aus Reinstetten, der mit sehr viel Hingabe jedes einzelne Teil von Hand anfertigte.

Alle Teile waren nun beisammen und das erste Burgrieder Sallamale stand auf den Beinen.

Marlies Grötzinger, die sich um die Erstellung des Riffelweible annahm, hatte nach mehreren Rücksprachen mit Jürgen Hohl den Entwurf des Riffelweible in den Händen und es konnten in Burgrieden drei Näherinnen gewonnen werden, die uns das erste Narrenhäs des Riffelweible erstellten. Die passende Holzmaske wurde vom Maskenschnitzer Reinhold Schähle aus Gornhofen gefertigt.

Die Burgrieder Narren waren fertig, die Satzung war geschrieben eine Häs- und Narrenordnung erstellt, und so stand einer Vereinsgründung nichts mehr im Weg.

 

 

Am 15. Mai 1993 fand im Nebenzimmer des Gasthauses Hirsch in Burgrieden 

die Gründungsversammlung statt.Anwesend waren:

Ruth Berger, Maria Dietrich, Marlies Grötzinger, Regina Häfele, Stefan Häfele, Angela Kopp, 

Gerhard Kopp, Franz Kranzegger, Karin Münst, Hans Münst, Ilse Pfaller und Gerd Siebert.

Nach dem der Satzung, der Narrenordnung und der Häsordnung zugestimmt wurde, hielt

man Wahlen ab, bei denen Gerhard Kopp zum Zunftmeister, Marlies Grötzinger zur 

stellvertretenden Zunftmeisterin, Karin Münst zur Zunftsäckelmeisterin und Regina Häfele 

zur Zunftschreiberin gewählt wurden. Zum Brauchtumswart wurde Maria Dietrich, zum Häswart

 für das Sallamale Gerd Siebert und zum Häswart für das Riffelweible Ruth Berger gewählt.

Als weiteres Narrenratsmitglied wurde Stefan Häfele gewählt. Ilse Pfaller und Angela Kopp erklärten sich bereit das Amt der Zunftfilzer zu übernehmen, dem wurde von der Versammlung ebenfalls zugestimmt.

Urschrift der Satzung und das Protokoll der Gründungsversammlung wurden beim Notariat in Laupheim abgegeben und nach Beglaubigung des Notars an das Amtsgericht zur Eintragung ins Vereinsregister weitergeleitet.

Etwas fehlte jedoch immer noch. Ein Narrenruf mit dem man die Narren auf und an der Straße begrüßen konnte. Ich erinnerte mich, dass ich einmal das Sallamalehäs anprobierte und jemand sagte: "Etz gugg au do na" und ein Anderer erwiderte "Ha laß me gau, dia sehat aber wild aus". Und schon hatten wir unseren Narrenruf: "Etz guggat au" - "Ha laß me gau".

Doch was wäre eine Narrenzunft ohne Narren?

Im Mitteilungsblatt wurde bekanntgegeben, daß in Burgrieden bald das Riffelweible und das Sallamale umgehe, und man diese zum ersten mal am 11. Juli 1993 im Gasthaus Hirsch in Burgrieden zu Gesicht bekommen könne.

Das Interesse war sehr groß und der Hirsch platzte fast aus seinen Nähten. So mancher konnte ein Ahh.. oder Ohh.. nicht unterdrücken, als das Riffelweible und das Sallamale die Gaststube betraten und am Abend dieses Tages zählte die Narrenzunft Burgrieden 32 Mitglieder, die sich aufteilten in 23 aktive Hästräger und 9 fördernde Mitglieder. Später kamen noch weitere hinzu, so dass es galt, für die Fasnet 1994, noch 24 Sallamalehäser und 11 Riffelweible zu schneidern.

Irmgard Linder stellte uns einen Raum zur Verfügung, in dem wir unsere Felle lagern und zuschneiden konnten. Fast jeden Abend wurde fleißig aufgezeichnet und zugeschnitten. Unsere Näherin Isolde Herzog begann mit der Erstellung der Riffelweible und die Vorfreude auf die Fasnet wurde immer größer.

Dann war es endlich soweit.

Am Dreikönigstag 1994 hörte man erstmals den Narrenruf

 

"Etz guggat au" - "Ha laß me gau"

in den Straßen unseres Rottalortes

 

Unsere Patenzunft aus Uttenweiler war gekommen.

 

Vorstand Rolf Peter nahm allen Riffelweible und Sallamale, bevor sie mit dem Wasser aus der Rot getauft wurden, das Gelöbnis, ein rechter Narr zu sein, ab.

Der Musikverein umrahmte alles musikalisch und zum ersten mal wurde das Burgrieder Narrenlied gespielt.

"En Riada do isch Fasnet heit", erklang die Melodie, "ond alle Narra hand a Freid".

Und bis in die späten Abendstunden wurde gefeiert.

ANR

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